Strahlentherapie für Hunde und Katzen

Die Strahlentherapie ist neben der Tumorchirurgie und Chemotherapie eine weitere wichtige Therapiemöglichkeit in der Onkologie. Häufig werden onkologische Patienten auch mit einer Kombination der verschiedenen behandelt. Die bestmögliche Therapie ist je nach der Art des Tumors und dem Ausmaß der Krebserkrankung verschieden. Im Unterschied zur Chemotherapie ist die Strahlentherapie eine rein lokale Behandlung. Der tumorzerstörende Effekt tritt nur innerhalb des behandelten Bereiches (Bestrahlungsfeld) auf.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit der Strahlentherapie ist die Schmerzbehandlung. Sie wird in sehr geringen Dosen zur Behandlung von chronisch-entzündlichen, degenerativen und proliferativen Gelenkerkrankungen bei Hunden und Katzen eingesetzt. Die Strahlentherapie kann den degenerativen Prozess nicht aufhalten, aber Ziel ist es, die Schmerzen zu reduzieren und somit  die Lebensqualität der Patienten deutlich zu verbessern.

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Was ist Strahlentherapie

Die Strahlentherapie zerstört die Fähigkeit der Zellen sich zu teilen. Diese Fähigkeit ist für einen Tumor wichtig, um größer zu werden. Sowohl Krebszellen als auch die gesunden  Zellen werden durch die Strahlentherapie beeinflusst. Im Gegensatz zu den Krebszellen können sich die gesunden Zellen um den Tumor herum reparieren. Da die Strahlentherapie über einen längeren Zeitraum (i.d.R. 5 Wochen) in einer Serie von Behandlungen (Sitzungen) erfolgt, haben die gesunden Zellen genug Zeit, sich zwischen den Bestrahlungsterminen zu erholen. Da Krebszellen eine hohe Teilungsrate haben, reagieren sie deutlich empfindlicher auf die Strahlentherapie als die gesunden Zellen. Das Ziel der Strahlentherapie ist diesen Unterschied gezielt zu nutzen, um die Krebszellen abzutöten und die gesunden Zellen im Strahlenfeld nur minimal zu schädigen.

Wie funktioniert die Strahlentherapie

In der Medizin werden hauptsächlich Linearbeschleuniger eingesetzt. In diesem werden winzige elektrisch geladene Teilchen (Elektronen) erzeugt. Diese Elektronen werden durch einen Magneten beschleunigt. Am Ende der Beschleunigungsstrecke treten sie dann entweder direkt als Therapiestrahl aus dem Gerät (Bestrahlung mit Elektronen) oder treffen zunächst auf eine Wolframplatte im Gerät. Durch den Aufprall der Elektronen auf die Platte entstehen Photonen und gelangen dann auf den Patienten. Diese Photonen zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine größere Eindringtiefe in das Gewebe haben und erreichen Bereiche die tiefer unter der Haut liegen. Im Gegensatz dazu dringen Elektronen nicht so tief ein und werden für die Nachbestrahlung von Narben oder oberflächlicher Tumoren eingesetzt.

Geringere Strahlenbelastung mittels RapidArc-Bestrahlung

In unserer Tierarztpraxis bestrahlen wir mit „RapidArc“, der neuesten Bestrahlungstechnik aus der Humanmedizin. Der Tumor wird bei diesem Verfahren umkreisend bestrahlt und nicht in Feldern, wie bei der herkömmlichen Strahlentherapie. Mit diesem Verfahren ist die Strahlendosis ist für unsere Patienten deutlich geringer. Dementsprechend führt die RapidArc-Bestrahlung, im Vergleich zu der bisherigen Bestrahlungstechnik, zu weniger Nebenwirkungen und ermöglicht umliegende Organe besser zu schonen.

Was sind die Vorteile der Strahlentherapie

Die Strahlentherapie kann alleine oder in Kombination mit der chirurgischen Entfernung, Tumoren verkleinern oder zerstören, die nur mit einem  chirurgischen Vorgehen nicht zu kontrollieren wären.
Bei großen Tumoren kann die Strahlentherapie zu einer Verbesserung der Lebensqualität des Patienten führen, indem der Tumor z.B. an Größe verliert, nicht mehr blutet oder weniger Schmerzen bereitet

Indikationen für eine Strahlentherapie

Vor Beginn einer Strahlentherapie wird ein individueller Therapieplan für jeden Patienten festgelegt und es wird entschieden, ob der Patient kurativ oder palliativ behandelt wird. Bei der kurativen Strahlentherapie ist das Ziel den Tumor möglichst lange zu kontrollieren bzw. den Patienten zu heilen. Das geht mit einem intensiveren Therapieplan (höhere Anzahl an Sitzungen) einher. Bei der palliativen Strahlentherapie geht es in erster Linie um die Lebensqualität des Patienten, indem die Schmerzen oder Tumor-assoziierten Symptome gelindert werden. Das Ziel ist das Wachstum der Krebszellen zu verlangsamen oder temporär zu stoppen und dies mit wenigen Therapiesitzungen.

Bei einigen Tumoren ist die Strahlentherapie die Therapie der Wahl. Dazu zählen strahlensensitive Tumoren (z.B. das nasale Lymphom der Katze), falls eine chirurgische Entfernung mit großen Risiken einhergeht (Nasenhöhlentumoren bei Hund und Katze) oder mit einem unbefriedigenden kosmetischen Resultat einhergehen würde (Plattenepithelkarzinom der Nase beim Hund).

Die Strahlentherapie wird sehr häufig in Kombination mit einer vorausgegangenen chirurgischen Entfernung des Tumores angewendet. Dies ist der Fall, wenn der Befund der histopathologischen Untersuchung Krebszellen im Bereich des Schnittrandes (Exzisionsrand) aufweist. Die adjuvante (nachfolgende) Strahlentherapie von Narben wird häufig bei unterschiedlichen Hauttumoren des Hundes (Mastzelltumor, Sarkom, malignes Melanom) und der Katze (Sarkome) mit großem Erfolg eingesetzt.

Die Strahlentherapie kann des Weiteren zur Behandlung von chronisch-entzündlichen, degenerativen und proliferativen Gelenkerkrankungen eingesetzt werden. Dabei kann die Strahlentherapie den degenerativen Prozess nicht aufhalten, aber es besteht die Möglichkeit die Schmerzen zu reduzieren und dadurch die Lebensqualität der betroffenen Patienten deutlich zu verbessern.

Therapieplanung

Im Vorfeld der Strahlentherapie wird im Rahmen der Therapieplanung für jeden Patienten genau festgelegt, mit welchem Ziel (kurativ versus palliativ) und somit der Anzahl der Sitzungen (Fraktionen) und die Höhe der Dosis die Behandlung erfolgen soll. Dies geschieht in Abhängigkeit der Tumorart, der Lokalisation, dem Allgemeinbefinden und ggf. parallel vorliegenden Erkrankungen.
Für die Planung wird oft eine Computertomographie (CT) durchgeführt um eine individuelle Positionierung (Lagerung während der Strahlentherapie) zu definieren. Anhand dieser Planungs-CT wird das zu bestrahlende Tumorvolumen mit entsprechenden Sicherheitsabstand bestimmt und dient dem Schutz von sensiblen Organen wie Gehirn und Augen. Ziel ist den Tumor mit der höchstmöglichen Dosis zu bestrahlen und das umliegende Gewebe mit einer möglichst geringen Dosis. Zur Bestrahlung eines oberflächlichen Tumores oder einer Narbe ist in der Regel kein Planungs-CT notwendig. Die Orientierung erfolgt anhand des chirurgisch entferntes Tumores und der Narbe inklusive eines Sicherheitsabstandes.

Ablauf einer Strahlentherapie

Da bei der Anwendung der Strahlentherapie die Anwesenheit von Personen nicht erlaubt ist und das Bestrahlungsfeld möglichst genau eingehalten werden soll, ist eine bewegungsfreie Lagerung notwendig. Dies ist bei Hunden und Katzen nur mit einer kurzen Narkose möglich. Da die Bestrahlung nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, wird durch den Einsatz von kurzwirksamen Injektionsnarkotika wie z.B. Propofol eine kurze Narkose durchgeführt . Die Strahlentherapie ist eine ambulante Behandlung und die Patienten können in der Regel nach kurzer Zeit wieder nach Hause entlassen werden.

Was sind mögliche Nebenwirkungen

Mögliche Nebenwirkungen werden in akute und chronische Strahlenreaktionen unterteilt und sind selten. Die akuten Strahlenreaktionen kommen vor allem bei einer kurativen Strahlentherapie vor und zeigen sich in Alopezie (Fellverlust), Erythem (Hautrötung), Dermatitis (Hautentzündung) und Mukositis (Schleimhautentzündung). Sollten entsprechende Strahlenreaktionen auftreten, sind sie in der Regel selbstlimitierend und werden symptomatisch therapiert.
Chronische Strahlenreaktionen treten erst Monate bis Jahre nach Beendigung der Strahlentherapie auf und können sich in Strikturen (Einengung) und Fibrosen (Bindegewebszunahme) zeigen. Sie treten in der Regel bei Bestrahlungen mit großen Fraktionen (hohe Dosis) im Rahmen einer palliativen Strahlentherapie auf. Bei Patienten mit einem Tumor in einer palliativen Situation wird das Risiko der chronischen Strahlenreaktion aufgrund der zu erwartenden Lebenszeit in Kauf genommen.
Die Bestrahlung wird nur lokal im Bereich des Tumors durchgeführt. Daher sind keine Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel oder Erbrechen zu erwarten.