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Februar 2024: Internationaler Monat der Krebsprävention – auch für Hund und Katze

2. Februar 2024 · VetSpezial

Im Verlauf dieses – wenn auch noch jungen – Jahres 2024 wird in den USA bei circa 6 Millionen Hunden und ebenso vielen Katzen die Diagnose ‚Tumorerkrankung‘ gestellt werden.

Sechs Millionen Neudiagnosen pro Jahr. Nahezu so viel, wie die Einwohnerzahl des gesamten Bundeslands Hessen. Und das jedes Jahr aufs Neue. Eine von fünf Katzen und einer von vier Hunden werden im Laufe ihres Lebens an einer Neoplasie erkranken. Mehr als die Hälfte der Hunde über 10 Jahren versterben an den direkten Folgen eines Tumors.

Dies sind nur einige Zahlen, die zeigen, welche Bedeutung neoplastische Veränderungen für unsere Hunde und Katzen haben. Ähnlich wie beim Menschen zählen Tumorerkrankungen somit inzwischen zu den wichtigsten zu bekämpfenden Krankheiten überhaupt.

Natürlich spielt die Therapie an sich hierbei eine große Rolle und in den vergangenen Jahrzehnten konnten diesbezüglich auch in der Veterinäronkologie immense Fortschritte verzeichnet werden. Chirurgische Entfernung wurde perfektioniert, Chemotherapie erfolgreich eingeführt und selbst die Strahlentherapie zeichnet sich durch zunehmende Verfügbarkeit aus. Hinzu kommen neue Behandlungsverfahren, wie beispielsweise Elektrochemotherapie, Immuntherapie oder Molekulartherapie, deren Weiterentwicklung bedeutende Erfolge erzielt.

Auch in der Diagnostik wurden außerordentliche Fortschritte erreicht. Tumorentitäten können heute präziser und früher detektiert werden als je zuvor.

All dies hat dazu geführt, dass in sehr vielen Fällen den betroffenen Hunden und Katzen auf sehr gute und die Lebensqualität erhaltende oder wiederherstellende Weise geholfen werden kann. Dennoch kann nicht genug betont werden, dass Diagnostik und Therapie von Neoplasien lediglich eine der drei Säulen der Onkologie darstellen. Die wichtigste Säule ist die, eine Erkrankung gar nicht erst entstehen zu lassen.
Diese Säule heißt Tumorprävention.

Ihre Bedeutung ist so groß, dass sie ‚ihren eigenen Monat‘ zugeschrieben bekommt. Der Februar ist in Amerika der National Cancer Prevention Month – also der nationale Monat der Prävention von Tumorerkrankungen. Sowohl in der Humanmedizin als auch in der veterinärmedizinischen Onkologie liegt das Augenmerk darauf, über all die Aspekte zu informieren, die dazu beitragen, die Entwicklung von Neoplasien zu verhindern oder deren Risiko zu minimieren.

So gibt es auch bei Hunden und Katzen einige Faktoren, deren Beachtung dazu führt, dass die Wahrscheinlichkeit an einer bestimmten Tumorentität zu erkranken deutlich reduziert wird. Einige dieser Aspekte sollen im Folgenden aufgeführt werden:

1. Vermeidung von Tabakrauch-Exposition (Passivrauchen):

Nicht nur in der Humanmedizin gilt die Tabakrauch-Exposition als eine der größten Risikofaktoren an einem Tumor zu erkranken. Beim Menschen stehen Lungen- und Kopf-/Halstumoren hierbei an vorderster Stelle. Verschiedene Studien haben in den vergangenen Jahren die Risikosituation zur Tumorentwicklung bei Hunden und Katzen infolge einer Tabakrauch-Exposition, dem sog. ‚Passivrauchen‘ analysiert.

Hunde zeigten – je nach Länge ihrer Nase – ein erhöhtes Risiko für Nasen- (langnasige Rassen) oder Lungentumoren (kurznasige Individuen). Dies hängt von der Filterwirkung der Nase ab: Bei Hunden mit langen Nasen verbleibt ein großer Anteil der kanzerogenen Toxine innerhalb der Nasenhöhle während diese bei kurznasigen Rassen vermehrt in die Lunge gelangen.

Bei Katzen führt ‚Passivrauchen‘ nicht nur zu einer Exposition über die Atemwege sondern, aufgrund ihres intensiven Putzverhaltens, auch zu einer oralen Einnahme der Toxine, die sich auf dem Fell absetzen können. Es zeigte sich in Studien dementsprechend ein erhöhtes Risiko für Plattenepithelkarzinome im Bereich der Mundhöhle. Weiterhin ist die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Lymphoms bei Katzen aus ‚Raucherhaushalten‘ deutlich erhöht.

Wichtig ist, dass – ähnlich wie beim Menschen – die Exposition im Auto ebenso zu vermeiden ist wie innerhalb der Wohnung. Auch E-Zigaretten bergen das Risiko einer Toxinexposition und somit einer Tumorentwicklung.

2. Gewichtsmanagement

Studien konnten zeigen, dass Übergewicht und Adipositas mit nicht sichtbarer, chronischer Entzündung im gesamten Körper einhergehen. Diese chronische, über lange Zeit andauernde subklinische Entzündungssituation wirkt sich auf die Funktion des Immunsystems aus und weist einen direkten Zusammenhang mit der Entwicklung von Tumorerkrankungen auf.

Das adipöse Gewebe wirkt als endokrines Organ, deren Metabolite den Stoffwechsel so beeinflussen, dass eine neoplastische Evolution begünstigt wird. Zu den kanzerogenen Metaboliten des Fettgewebes zählen bspw. Leptin, proinflammatorische Zytokine wie IL-2 (Interleukin-2), -6, -8, -10, TNF-alpha, oder C-reaktives Protein (CRP). Auch die Reduktion des ‚protektiven‘ Metaboliten Adiponektin trägt zu der inflammatorischen und pro-kanzerogenen Gesamtsituation bei.

All diese Faktoren verdeutlichen, wie bedeutend das Gewichtsmanagement und die Vermeidung von Übergewicht auch hinsichtlich der Prävention von Neoplasien ist.

Die gute Nachricht ist, dass die durch eine Adipositas hervorgerufene Stoffwechsellage nicht irreversibel ist. Ein deutlicher Gewichtsverlust in den physiologischen Bereich zieht eine Regulierung der metabolischen Situation nach sich, sodass auf diese Weise das Risiko für neoplastische Erkrankungen wieder gesenkt werden kann.

3. Vermeidung von chronischem Stress

Auch chronischer Stress führt zu einer chronischen, subklinischen Entzündung im gesamten Körper sowie zu einer negativen Beeinflussung des Immunsystems. Die Datenlage beim Hund oder bei der Katze ist derzeit noch deutlich weniger systematisch als beim Menschen, jedoch ist der Zusammenhang von Stress und einer pro-inflammatorischen Stoffwechselsituation ähnlich wie bei Übergewicht gut belegt.

Die Vermeidung oder Reduktion von Stress ist daher auch für Hunde und Katzen nicht nur aus Sicht ihres direkten Wohlbefindens von Bedeutung. Faktoren, die zu erhöhtem Stress bei Haustieren führen können, umfassen neben vielen Anderen: Schlafmangel, Schmerzen, (Trennungs-)Angst, zu viel oder fehlender Kontakt zu Artgenossen und Bewegungsmangel sowie Langeweile.

4. Ausreichende Bewegung

Regelmäßige Bewegung gehört nicht nur zu einem Hunde- und Katzen-gerechten Leben sondern trägt zur allgemeinen Gesundheit und Vermeidung von Stress und Übergewicht bei, hilft also auf diesem Wege das Risiko für Tumorerkrankungen zu senken. Es ist demnach von großer Bedeutung auf ausreichende Bewegung bzw. Bewegungsmöglichkeit zu achten. Vor allem bei Katzen, die keinen Freigang erhalten ist es bedeutsam, ihrem Drang nach Bewegung – auch in der vertikalen Ebene – gerecht zu werden.

5. Gesunde Ernährung

Die gesunde, ausgewogene Ernährung ist nicht nur für das Idealgewicht von Bedeutung sondern besitzt einen großen Einfluss auf das Darm-Mikrobiom (Darmflora), dessen Zusammensetzung für die Gesamt-Gesundheit wichtig ist.

Neueste Studien zeigen, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms auch in Hinsicht auf das allgemeine Tumorrisiko zu beachten ist. Es wird angenommen, dass das Mikrobiom Einfluss auf die metabolische Gesamtsituation und das Immunsystem ausübt und auf diesem Wege das Risiko für die Entwicklung neoplastischer Erkrankungen moduliert.

Eine jüngst veröffentlichte Untersuchung wies zum Beispiel eine höhere Mikrobiom-Diversität bei gesunden Hunden im Vergleich zu Tumorpatienten auf. Weitere Studien zu diesen Zusammenhängen werden in Zukunft bei Mensch und Tier klären, wie das Mikrobiom sich auswirkt und sich diese Erkenntnisse zur Tumorprävention nutzen lassen.

6. Schutz vor übermäßiger Sonnenlicht-Exposition

Vor allem bei Katzen – aber auch Hunden – mit wenig- oder nicht-pigmentierten Hautstellen gilt es übermäßige Sonnenexposition zu vermeiden, da hierdurch ein erhöhtes Risiko für bestimmte Hauttumoren besteht.
Die wichtigste und häufigste solar-induzierte Tumorerkrankung ist dabei das Plattenepithelkarzinom des Nasenspiegels bzw. der Ohrränder bei der Katze. Diese Neoplasie tritt zumeist bei an diesen Stellen nicht-pigmentierten (also weißen) Katzen auf. Vor allem in warmen Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung, aber auch in Höhenlagen, ist diese Tumorart häufiger anzutreffen. Auch wenig- bis nicht-pigmentierte Hunde können im Bereich des Nasenspiegels Plattenepithelkarzinome entwickeln, von denen angenommen wird, dass sie ebenfalls solar-induziert sind.

Es gilt also ähnlich wie bei der Tumorprävention des Menschen eine hohe Sonnenexposition vor allem bei wenig bis nicht-pigmentierten Katzen und Hunden zu reduzieren. Der Einsatz von topischem UV-Schutz (wie Sonnencreme) ist durch das Putz- und Leckverhalten limitiert, kann jedoch im individuellen Fall sicherlich ausprobiert werden.

7. Schutz vor bestimmten Infektionserkrankungen

Bestimmte Infektionserkrankungen können bei der Katze und beim Hund die Entwicklung von Tumorerkrankungen zur Folge haben. So ist zum Beispiel die Infektion mit dem Felinen Leukämievirus (FeLV) mit einem hohen Risiko für die Entwicklung eines Lymphoms vergesellschaftet. Auch eine FIV (Felines Immunschwächevirus)-Infektion kann ein erhöhtes Tumorrisiko – auch hier vor allem das Lymphom – nach sich ziehen. Beim Hund ist eine Neoplasie bekannt, die durch direkten Kontakt von einem Individuum auf das andere übertragbar ist: der Transmissible Venerische Tumor (TVT), der auch als ‚Sticker Sarkom‘ bezeichnet wird.

Die Prävention dieser Tumoren umfasst verschiedene Vorgehensweisen zum Infektionsschutz. Hierzu zählen Impfungen (FeLV) oder Populationsmaßnahmen wie Kastration oder die Eindämmung von Streunerpopulationen. Hierdurch kann das Risiko für die o.g. Tumorerkrankungen nennenswert gesenkt werden.

 

Es ist also ersichtlich, dass auch bei Hunden und Katzen viele Ansatzpunkte vorliegen, das Risiko für die Entwicklung einer Tumorerkrankung zu reduzieren. Bei allem Fortschritt in der onkologischen Diagnostik und Therapie ist die Prävention von Neoplasien in ihrer Bedeutung nicht zu übertreffen. Es gilt uneingeschränkt:

‚The cancer miracle isn’t a cure. It’s prevention.’*

Das Krebs-Wunder heißt nicht Heilung. Es heißt Prävention.

Quellen und weiterführende Literatur

Roza and Viegas. The dog as passive smoker: effects of exposure to environmental cigarette smoke on domestic dogs. Nicotine and Tobacco Research 2007; 9(11): 1171-1176.

Reif JS, Bruns C, and Lower KS. Cancer of the Nasal Cavity and Paranasal Sinuses and Exposure to Environmental Tobacco Smoke in Pet Dogs. Am J. Epidemiology 1998; 147(5): 488-492.

Bertone ER, Snyder LA, and Moore AS. Environmental Tobacco Smoke and Risk of Malignant Lymphoma in Pet Cats. Am J Epidemiology 2002; 156: 268-273.

Bertone ER, Snyder LA, and Moore AS. Environmental and Lifestyle Risk Factors for Oral Squamous Cell Carcinoma in Domestic Cats. J Vet Intern Med 2003; 17: 557-562.

Bertone, et al. Am J Epidemiology 2002; 156:268-273.

Marchi PH et al., Obesity, inflammation, and cancer in dogs: Review and perspectives. Frontiers Vet Sci. 2022; 9: 1004122.

Bae H, et al., Fecal microbiome in dogs with lymphoid and nonlymphoid tumors. J Vet Intern Med. 2023 Mar-Apr; 37(2): 648–659.

Drexler M, The Cancer Miracle isn’t a cure. It’s prevention. Harvard Public Health. https://www.hsph.harvard.edu/magazine/magazine_article/the-cancer-miracle-isnt-a-cure-its-prevention/